2018 ist das 100-jährige Jubiläum des Matrosenaufstands, der in Wilhelmshaven begann und der den Beginn der Revolution in Deutschland herbeiführte. Als Konsequenz dieser historischen Handlungsketten bestimmter Akteure endete der erste Weltkrieg und die Demokratie der Weimarer Republik begann. Diese erste demokratische Republik war allerdings von einer politischen Instabilität gekennzeichnet, die letztendlich zum Ende der Republik und dem Nationalsozialismus führte. Um und nach 1918 nutzten verschiedene politische Parteien die Möglichkeiten der Rhetorik der Bilder, Fotografien und politischer Schriften, um ihre Weltsicht an die Menschen zu bringen. Auch Künstler, Architekten und Schriftsteller beteiligten sich an der Findung eines radikalen Neuanfangs.
Mit der Ausstellung Modified Limited Hangout möchte die in London lebende Künstlerin Agata Madejska die Position des Einzelnen in der Gesellschaft und innerhalb politischer Systeme heute, hundert Jahre später, untersuchen. Hierbei fragt sich angesichts der heutigen Technologien, der Massenkommunikation und -medien, der globalen politischen, wirtschaft-lichen und ökologischen Krisen der Jetztzeit, ob es die Utopie eines künstlerischen Neuanfangs, wie zum Beispiel in dem 1918 von Bruno Taut initiierten Kettenbrief Die Gläserne Kette, angesichts der Unschärfe unserer Wahrnehmung und politischen Verfasstheit heute überhaupt noch geben kann.
Für diese Ausstellung begreift die Künstlerin den Raum der Kunsthalle Wilhelmshaven als Mikrokosmos, in dem ortsspezifische Installationen, Papierarbeiten, Fotografien, lichtempfindliche Objekte und Skulpturen in ein Ganzes zusammenfließen. Themen wie utopische Zukunftsmodelle, Kommunikationsstrategien und Propaganda, Überwachung, politische Symbolik, Rhetorik und gezielte Desinformation bilden hierfür den Ausgangspunkt.
Der Titel Modified Limited Hangout bezieht sich auf das 1973 gehaltene Gespräch zwischen Richard Nixon und seinen Beratern, in dem diese über eine Verschleierungstaktik zur Watergate Affäre sprachen. Bei der aus der Spionage stammenden Verschleierungstaktik wird ein Teil der Wahrheit gezielt an die Öffentlichkeit gespielt. Das grundlegende Problem bleibt hinter dieser Scheinenthüllung verborgen.
Wohin sollen wir uns wenden, um wohin zu gelangen? lautet der Titel der Künstlerpublika-tion in Form eines Kettenbriefs zwischen Nina Franz, Rebekka Ladewig und Eva Wilson, der innerhalb der Ausstellung erscheint. Die drei Autorinnen widmen sich hierin einem schrift-lichen Austausch zu unserer politischen Gegenwart, die sich dem Individuum aufgrund der zunehmend digitalen Informationsflut scheinbar immer weiter entzieht und unschärfer wird. Auf Bruno Tauts utopischen Kettenbrief zurückblickend entsteht eine Kommunikation über die Probleme unserer Gegenwart, mögliche Zukunftsmodelle und Wege der Orientierung in unsicheren Zeiten.